Für sie ist ihr Beruf Berufung: Langjährige Pflegekräfte schätzen Selbstständigkeit und Teamgeist
Gronau (pbm). Pflegerinnen und Pfleger sind durch Corona binnen kürzester Zeit zu Helden aufgestiegen. Altenpflege ist einer der Berufe mit den besten Zukunftsaussichten. Doch der Pflegenotsand bleibt Thema. Nur wenige Schulabgänger können sich vorstellen, in der Pflege zu arbeiten. Für die meisten scheint der Job nicht attraktiv genug.
Sabine Bartole und ihre Kolleginnen in der DRK-Sozialstation Gronau-Duingen verstehen das nicht. Sie können sich keinen schöneren Beruf vorstellen. „Ich hab eigentlich mal Bürokauffrau gelernt“, sagt die 64-Jährige, „aber das war nichts für mich.“ Nach einem Praktikum und einem Lehrgang zur Schwesternhelferin entschied sie sich für die Arbeit als Pflegehelferin beim DRK. 25 Jahre ist sie jetzt dabei. „Und ich habe nicht einen Tag bereut“, sagt sie. „Ich lebe gut davon. Ich liebe es, mit Menschen zusammen zu sein, das Team und der Zusammenhalt sind einfach toll – wie eine zweite Familie.“ Selbstständiges Arbeiten und doch ein Team sein – das seien in der Ambulanten Pflege keine Gegensätze.
Das sehen auch ihre Kolleginnen Iris Rohrig, Katharina Poljakow, Vera Grenz, Cornelia Reckstadt und Andrea Brandes so. Alle arbeiten mehr als 25 Jahre als Pflegehelferinnen in der Ambulanten Pflege. Dass andere die Tage bis zum Renteneintritt zählen, können sie nur schwer nachvollziehen. „Wir möchten eigentlich gar nicht aufhören“, sind sie sich einig. Altenpflegerin sei der schönste Beruf der Welt.
Ihre Berufslaufbahn haben fast alle in anderen Berufen begonnen und kamen über Umwege zur Pflege. Bei Iris Rohrig war es Friseurin. „Aber dann wurde ich arbeitslos und hab erst mal einen Job im Pflegeheim angenommen. Zuerst sei sie skeptisch gewesen. Aber der Umgang mit den Menschen hat ihr so gut gefallen, dass sie eine Fortbildung zur Pflegehelferin machte und nach einem Praktikum in der DRK-Sozialstation Gronau blieb. Mittlerweile ist sie 27 Jahre dort.
30 Jahre schon ist Vera Grenz in der Sozialstation. Die 63-jährige Mutter von drei Kindern hat Einzelhandelskauffrau gelernt und sich in der Familienzeit auch um ihre bettlägerige Nachbarin gekümmert. Irgendwann sei sie angesprochen worden, ob sie das nicht beruflich machen wolle. Auch sie entschied sich für die Pflege. Nach drei Jahrzehnten in dem Beruf betreut sie mittlerweile schon die Kinder ihrer ersten Patienten. „Die Kunden sind so dankbar, das ist ein schönes Gefühl“, sagt sie.
„Wir gehören quasi zur Familie“ ergänzt Kollegin Katharina Poljakow. „Uns kennt hier jeder. Wir werden sogar manchmal zu Geburtstagen oder anderen Familienfeiern eingeladen und kommen in vielen Familien in der Rangfolge gleich nach dem Pastor“, erzählt die 57-Jährige, die 1992 aus Kasachstan nach Gronau gekommen ist. Der Anfang sei damals nicht so leicht gewesen, gibt sie zu. Sie musste erst mal den Führerschein machen, um in der ambulanten Pflege arbeiten zu können. „Das war nicht so einfach für mich“, sagt sie. Aber sie habe immer viel Hilfe bekommen, von den Kolleginnen und auch von den Leitungen.
„Die Unterstützung vom Team und Vorgesetzen ist einfach toll“, bestätigt Cornelia Reckstadt. „Wir können immer alle miteinander reden und uns austauschen, zum Beispiel wenn man Hilfe braucht oder jemand einspringen muss.“
Das sei auch sehr wichtig, besonders wenn es um Krankheit und Tod geht. Denn natürlich würde man auch mit schwierigen Themen konfrontiert. Das Vertrauen der Kunden und Angehörigen sei für sie eine große Wertschätzung, sagt die 66-Jährige. Aber auch, dass sie sich immer auf ihre Kollegen und die Leitung verlassen könne, sei für sie in den über 30 Jahren immer wichtig gewesen.
Das ist auch heute noch so. Sabine Meyer, Fachbereichsleitung beim DRK-Kreisverband Alfeld, und Daniela Lampe, Pflegedienstleitung der DRK-Sozialstation Gronau-Duingen, legen großen Wert auf die Unterstützung und Förderung ihrer Mitarbeiter durch regelmäßige Fortbildungen und eine gute Einarbeitung.
„Wir sehen schnell, wenn jemand Potenzial hat und bieten dann gerne an, sich weiter zu qualifizieren“, sagt Sabine Meyer. Viele Frauen überlegten, nach einer längeren Familienphase wieder zu arbeiten. Auch mit über 50 sei es noch nicht zu spät für einen Einstieg, so Meyer. Häufig würden Frauen, die lange selbst die eigenen Eltern oder Schwiegereltern zu Hause gepflegt hätten, ihre Berufung als Pflegekraft finden.
Geförderte berufliche Weiterbildung spielt in der Ausbildung von Altenpflegekräften eine bedeutende Rolle. 2018/2019 wurde bundesweit gut jede vierte Ausbildung zur Altenpflegefachkraft in Form einer geförderten Weiterbildung begonnen. „Qualitativ gute Pflege ist lernbar“, sagt Sabine Meyer. „Das einzige, was man für diesen Beruf mitbringen muss, ist die Lust auf Pflege.“
2019 arbeiteten in der Kranken- und Altenpflege nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit rund 1,7 Millionen Menschen. Aktuell seien fast 40.000 Stellen umbesetzt. „Das ist natürlich eine Herausforderung“, sagt Sabine Meyer. In der DRK-Sozialstation Gronau-Duingen arbeiten zurzeit 16 Fachkräfte und 13 Altenpflegehelferinnen. Von den Pflegehelferinnen sind sieben mehr als 25 Jahre dabei. „Das heißt, bei uns steht nach und nach ein Generationswechsel an“, sagt Sabine Meyer. „Diesem Thema stellen wir uns, indem wir vermehrt eigenen Nachwuchs ausbilden und auch berufsfremde Interessenten gerne als Pflegehelfer/innen gewinnen wollen“, sagt sie. Und ihre langjährigen Mitarbeiterinnen seien das beste Beispiel dafür, dass man in der Pflege lange und gut arbeiten könne.